Politischer, rechtlicher und regulatorischer Rahmen
A.1
Werden statistische Informationen über Zugang und Nutzung des Internets regelmäßig von den nationalen statistischen Systemen und/oder anderen zuständigen Behörden auf systematischer Basis gesammelt?
Indikator 61: Vorkehrungen für die Erhebung aggregierter und disaggregierter statistischer Informationen aus verschiedenen Quellen, einschließlich der Einbeziehung relevanter Fragen in Haushaltserhebungen
Statistische Informationen über Zugang zum und Nutzung des Internet werden regelmäßig vom Statistischen Bundesamt gesammelt. Gemäß der EU-Verordnung 808/2004 über Gemeinschaftsstatistiken ist Deutschland dazu verpflichtet, statistische Informationen zu Informations- und Kommunikationstechnologien zu erheben.1 Ab 2021 werden diese Erhebungen integriert in den Mikrozensus, eine repräsentative Haushaltsbefragung von jährlich 1 % der Bevölkerung, die seit mehr als 60 Jahren durchgeführt wird und Themen wie Familie, Lebenssituation, Beruf und Ausbildung erfasst. An 3,5 % der Personen, die am Mikrozensus teilnehmen, sollen dann einige Fragen zu Internetzugang und Internetnutzung gestellt werden, für die es nach dem Mikrozensusgesetz eine Auskunftspflicht gibt. Für weitere Merkmale werden freiwillige Angaben erhoben, z.B. Art, Häufigkeit und einzelne Zwecke der Internetnutzung. Zusätzlich wird es Fragen nach Bedenken und Hindernissen geben, die Personen von einzelnen Internetaktivitäten (z.B. Online-Käufe) abhalten. Auch über die Nutzung von IKT in Unternehmen sind in der Datenbank des Statistischen Bundesamtes weitere aggregierte Informationen öffentlich zugänglich.2
Indikator 62: Verfügbarkeit von unabhängigen Haushaltsbefragungen und anderen Nachweisen über den aggregierten Internetzugang und die Internetnutzung
Zu Internetzugang und -nutzung privater Haushalte gibt es spezielle Haushaltsbefragungen verschiedener Stellen. Seit 1997 wird im Auftrag von ARD und ZDF jährlich eine Umfrage durchgeführt, die möglichst genau die Nutzung des Internets in Deutschland im Zeitverlauf darstellen soll. Die Ergebnisse werden in der Zeitschrift Media Perspektiven dargestellt, die online frei zugänglich ist.3 Die Initiative D21, der zahlreiche Unternehmen angehören, führt seit 2001 regelmäßig Studien zum Digitalisierungsgrad der Gesellschaft in Deutschland durch; diese Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht.4 Einen raschen Zugang zu Daten, die von Dritten publiziert wurden, bietet das private Unternehmen Statista, das solche Daten aufbereitet und zumeist kostenpflichtig erschließt.5
Vgl. zum Folgenden Hundenborn, J.; Enderer, J. (2019).
Destatis (2020).
sh. zuletzt Beisch, N.; Koch, W.; Schäfer, C. (2019).
Zuletzt Initiative D21 (2020).
Statista (2020).
A.4
Verfügt die Regierung über eine Politik und ein Programm zur Umsetzung des universellen Zugangs zu zuverlässigem, erschwinglichem Breitband, und wird dies effektiv umgesetzt?
Indikator 63: Verabschiedung einer Strategie für den universellen Zugang und Nachweis eines wirksamen Einsatzes der Ressourcen
In Deutschland wird der Breitbandausbau gefördert mit dem Ziel einer verbesserten flächendeckenden Versorgung. Bis Ende 2025 soll ganz Deutschland über Gigabit-Netze versorgt werden; bis 2021 sollen bereits alle Gewerbegebiete, Schulen und Krankenhäuser an das Gigabit-Netz angeschlossen werden.1 Der vom BMVI initiierte Breitbandatlas2 zeigt, welche Region mit welcher Technik und welcher Breitbandübertragungsrate versorgt wird. Zukünftig soll vor allem Glasfaser-Technologie verlegt werden. Hier ist Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern noch deutlich abgeschlagen. So hatten zum Beispiel Ende 2018 nur rund 88 % der Haushalte in Deutschland Zugang zu schnellem Internet mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Geplant war aber seit 2014, dass bis Ende 2018 alle Haushalte in Deutschland Anschlüsse mit Datengeschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s3 zur Verfügung haben.
Indikator 64: Statistischer Nachweis der Fortschritte auf dem Weg zum universellen Zugang, aggregiert und disaggregiert unter besonderer Berücksichtigung z.B. von Geschlecht, Alter, Wohnort, ethnischer Zugehörigkeit und Behinderung
Der Breitbandausbau in Deutschland hinkt im internationalen Vergleich deutlich hinterher. Zwar hat sich die Geschwindigkeit der Internetanschlüsse in Deutschland in den vergangenen drei Jahren insgesamt verdoppelt, es gibt aber durchaus starke regionale Schwankungen mit Blick auf ländliche Regionen und die östlichen Bundesländer.4 Während Ende 2019 in Bremen, Hamburg und Berlin für etwa 98 % aller Haushalte schnelles Breitband-Internet (≥ 50 Mbit/s) verfügbar war, galt dies in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt nur für etwa 76-78 % der Haushalte.5
Laut einem Bericht des britischen Vergleichsportals "Cable.co.uk" liegt Deutschland mit einer durchschnittlichen Downloadrate von 25 MBit/s im weltweiten Vergleich weit abgeschlagen auf Platz 27.6 Das liegt vor allem am fehlenden Glasfaser: In Deutschland sind nur vier Prozent aller Haushalte mit einer Glasfaserleistung versorgt. Damit fällt das Land unter den OECD-Durchschnitt und reiht sich weit unten ein.7 Die zu geringe Geschwindigkeit gilt ebenso für mobile Daten wie für stationäre Internetanschlüsse.8 Auch was die Kostenstruktur angeht, belegt Deutschland keinen vorderen Platz: schaut man auf den Inclusive Internet Index 2020, belegt Deutschland in der Kategorie Affordability (diese Kategorie untersucht die Zugangskosten im Verhältnis zum Einkommen und den Grad des Wettbewerbs auf dem Internet-Marktplatz) nur Platz 20 von 100.9
Trotzdem verzeichnet Deutschland im Jahr 2019 gut 35 Millionen Breitbandanschlüsse, und damit seit Jahren ein stetes Wachstum. Die überwiegende Mehrheit davon sind noch immer DSL-Anschlüsse (etwa 25 Millionen in 2019).10 Während im Jahr 2000 nur 25 % der Haushalte in Deutschland Zugang zum Internet hatten, sind es in 2019 knapp 90 %.11 Unter den 14- bis 49-jährigen Deutschen nutzen mittlerweile nahezu 100 % das Internet. Der Zugang zum Internet ist auch abhängig vom Bildungsabschluss: von den Personen mit Abitur haben 96 % Zugang zum Internet, aber nur 72 % der Personen mit Hauptschulabschluss.12
Neben der Suche nach Informationen über Waren und Dienstleistungen gehören hierzulande laut Statistischem Bundesamt der Versand von E-Mails zu den beliebtesten Aktivitäten im Internet, hinzukommt außerdem die Teilnahme an sozialen Netzwerken und Online-Banking.13
Außerdem hat die Bundesregierung entschieden, die Prinzipien des von Berners-Lee im Jahre 2018 vorgeschlagenen Contract for the Web14 zu unterstützen. Zuvor haben die Regierungsparteien bereits verabredet, dass es bis 2025 einen Rechtsanspruch auf einen Zugang zu schnellem Internet geben soll.15 Schon 2013 hatte der Bundesgerichtshof in einem Urteil die hohe Bedeutung des Zugangs zum Internet betont.16 Als Instrument der Teilhabe ist der Internetzugang anteilig auch im Warenkorb für Sozialhilfe mit einbezogen.17
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2020a).
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2020b).
Delhaes, D. (16.06.2019).
Verivox (2019b).
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2019), S. 7; Vollversion: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2019a).
Cable UK (2020).
OECD (2019b).
Speedtest (2020).
The Inclusive Internet Index 2020 (2020).
VATM/Dialog Consult (2019), S.11.
ITU (2018a) auch bei Eurostat (2019a).
VIR Verband Internet Reisevertrieb (2020), S. 37.
Aufgeschlüsselt nach Geschlecht (keine großen Abweichungen) hier: Statistisches Bundesamt (2020a);
aufgeschlüsselt nach Alter (große Varianz) hier: Statistisches Bundesamt (2020d).
Contract for the Web (2019).
Bundesregierung (2018e).
Bundesgerichtshof (2013).
Im Teilbereich der Nachrichtenübermittlung, vgl. die Begründung im Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs: Deutscher Bundestag (2016b).