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D.4

Fördert die Regierung die Nutzung offener Bildungsressourcen (OER) und erleichtert den offenen Zugang zu akademischen und wissenschaftlichen Ressourcen?

Indikator 54: Bildungspolitischer Rahmen bezüglich OER

Politisch wird OER (Open Educational Resources) in Deutschland gefördert. Finanziell und mit Blick auf einen breiten Kompetenzaufbau, der in der Ausbildung der Lehrkräfte beginnt und sich im Fort- und Weiterbildungsapparat systematisch niederschlägt, lässt sich Entwicklungspotenzial identifizieren. Zentral aktiv sind die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Kultusministerkonferenz1 hat in ihrem Strategiepapier von 2016/2017 Bildung in der digitalen Welt2 auf die zentrale Bedeutung von OER hingewiesen.

Die Förderung von offenen Lehr-/Lernmaterialien in Deutschland ist eng verknüpft mit dem politischen Vorantreiben der Digitalisierung der Bildung.3 Schon im Jahr 2015 hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe überdies ihre Empfehlungen zu Open Educational Resources veröffentlicht und schloss sich in diesen der Meinung großer internationaler Organisationen wie der UNESCO und der OECD bezüglich der großen Potentiale von OER an.4 Ab 2015 förderte die Bundesregierung dann durch das BMBF eine Vielzahl an Projekten5 im Bereich der Verankerung von OER im Bildungswesen, es entstanden OER-Barcamps6 und Repositorien als Plattformen für den Austausch,7 ebenso wie eine OER-Informationsstelle.8 Im Projekt Mapping-OER: Bildungsmaterialien gemeinsam gestalten entstand neben einer Ist-Analyse zum Stand der OER in Deutschland9 auch der Praxisrahmen mit Empfehlungen für die Weiterverbreitung für OER in Deutschland.10 Die aktuellste Bestandsaufnahme zum Status OER in Deutschland findet sich im Rahmen einer UNESCO-Studie.11

Diese zeigt deutlich, dass in Deutschland ein besonderes Hindernis für die OER-Praxis die gesetzlichen Bestimmungen zum geistigen Eigentum sind, die weitere Reformen benötigen. OER-Aktivitäten finden sich vor allen in den Bereichen Schule und Hochschule. Auf Landesebene wird die Hamburg Open Online University als das im Moment ambitionierteste und am besten geförderte OER-Projekt hervorgehoben, auf Bundesebene das OERinfo-Förderprogramm. Im Vergleich mit anderen Ländern, gab es in Deutschland in der Vergangenheit wenige Topdown- und viele Bottom-up-Initiativen, da das Thema auf der politischen Ebene lange vernachlässigt wurde, so die Ergebnisse der Studie.12

Deutschland hat sich außerdem aktiv am Erarbeitungsprozess der UNESCO-Empfehlungen zu OER beteiligt, die 2019 verabschiedet wurden. Zu den Empfehlungen gehören unter anderem die Entwicklung förderlicher politischer Rahmenbedingungen sowie die Förderung der Entwicklung von zukunftsfähigen Modellen für OER.13

Auch mit Blick auf einen gleichberechtigten und möglichst inklusiven Zugang zu Bildung im Bereich OER findet zunehmend Förderung statt. Für die Legislaturperiode bis 2021 ist die Erarbeitung einer nationalen OER-Strategie geplant, für die das BMBF die Federführung innehat.14 Außerdem hat die Bundesregierung im Rahmen des Projekts „OpenEduHub“, das aus Anlass der COVID-19-bedingten Schulschließungen aus Mitteln des BMBF gefördert wird, die Plattform „WirLernenOnline“ ins Leben gerufen. Eine innovative Suche ermöglicht dort den zentralen Zugriff auf mehr als 40.000 offen lizensierte Lernressourcen aus einer Vielzahl von Repositorien.

Im Rahmen des DigitalPakts Schule (2019-2024)15 mit einem Fördervolumen von 3,5 Milliarden Euro findet die Förderung von OER allerdings keinen Platz.

Innerhalb des Handlungsfeldes „Digitale Kompetenz“ ermöglicht der Bund mit dem „DigitalPakt Schule“ 43.000 Schulen schnelle Internetverbindungen und eine leistungsfähige digitale Lern-Infrastruktur.16 Für die Laufzeit 2019-2023 beträgt das Finanzvolumen der Bundesförderung sechs Milliarden Euro.17 Darüber hinaus wird, unter anderem durch Qualifizierung von Lehrkräften an Berufsschulen, mit den Programmen „Berufsbildung 4.0“ und dem Praxisdialog „Duale Ausbildung digital“ die Digitalisierung der Berufsbildung unterstützt.18 Bereichsspezifisch gefördert werden digitale Kompetenzen in Heilberufen, indem deren Berufsangehörige etwa für das Durchführen von Videosprechstunden ausgebildet und die Curricula entsprechend angepasst werden.19

Indikator 55: Regelungen für den Zugang zu akademischen und wissenschaftlichen Ressourcen für Hochschuleinrichtungen und Studierende

Nach der Definition des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beutet Open Access, „dass wissenschaftliche Publikationen der Allgemeinheit unentgeltlich über das Internet – etwa auf einer Webseite, in einer Onlinezeitschrift oder in einem sog. Repositorium – zur Verfügung gestellt werden.“20

Urheberrechtsinhabenden steht nach § 19a Urhebergesetz (UrhG)21 das Recht zu ihr Werk öffentlich zugänglich zu machen. Dazu zählt auch die Befugnis, das Werk im Internet unbeschränkt bereit zu stellen und als Open Access zu publizieren. Hochschulen bieten ihren Studierenden und ihrem wissenschaftlichen Personal, über das Hochschulnetzwerk oder ein Virtual Private Network (VPN) den Zugriff auf eine Vielzahl an Ressourcen an. Dafür schließen die Universitäten in der Regel Verträge mit den jeweiligen Verlagen.22 Die Ausgestaltung der Nutzungsbefugnisse erfolgt im Rahmen von Lizenzen.23 Auf die Art von Lizenz muss im online publizierten Werk ausdrücklich hingewiesen werden.24 Es gibt unterschiedliche Arten von Lizenzen. Neben der Creative-Commons-Lizenz (CC) gibt es die DIPP-Lizenzen, die Digital-Peer-Publishing-Lizenz, die DPPL, Modulare DPPL und Freie DPPL.25 Sie bieten die Möglichkeit, spezielle Regelungen zu treffen und beispielsweise gedruckte Exemplare von der Erlaubnis zur Verbreitung im Vornherein auszunehmen. Diese Vereinbarungen können mit der CC-Lizenz kombiniert werden.26

Der Umfang der Lizenz kann weiter spezifiziert und eingeschränkt werden (durch Urheberschafts-Nennung (BY), nichtkommerzielle Nutzung (NC); ein Bearbeitungsverbot (ND). Dann allerdings wird eine CC BY ND-Lizenz mitunter nicht mehr als offene Lizenz gewertet, weil die freie Bearbeitung der Materialien für viele Nutzende ein integraler Bestandteil von OER und Open Access ist. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat einen Praxisleitfaden zur Nutzung von Creative-Commons-Lizenzen zur Verfügung gestellt.27

Urheberrechtsinhabende haben außerdem unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenanntes Zweitveröffentlichungsrecht.28 Gemäß § 38 Abs. 1 UrhG29 dürfen Urheberrechtsinhabende ihr Werk nach Ablauf eines Jahres ab Veröffentlichung in einer Zeitschrift oder Reihe anderweitig veröffentlichen, wenn im Verlagsvertrag nichts anderes vereinbart wurde. Für wissenschaftliche Publikationen sieht § 38 Abs. 4 UrhG besondere Voraussetzungen vor.30

In den letzten Jahren werden verstärkt Open Access Publikationen gefördert. So bietet z.B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und inzwischen die überwiegende Mehrheit der deutschen Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstitutionen eine Förderung für Open Access Publikationen an.31

Ein Commitment der Regierung zu Open Access findet sich in der Open Access-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.32

Insbesondere durch die COVID-19-Krise wurde die Bedeutung des möglichst diskriminierungsfreien Zugangs zu Onlineressourcen für die Gesellschaft und Bildung deutlich. Sowohl Unterricht an Schulen als auch Vorlesungen an Hochschulen und Universitäten fanden in dieser Zeit online statt. Verlage erweiterten ihr Angebot an verfügbaren Lehr- und Lernmaterialien für Hochschulen,33 stellten diese Angebote aber zuweilen auch wieder ein. Datenbanken wie JSTOR erweiterten ebenso die Zugangsmöglichkeiten zu Wissen.34



Kultusministerkonferenz (2020).

Kultusministerkonferenz (2016).

Siehe z.B. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2016) – auch hier wird die Bedeutung der Förderung von OER hervorgehoben.

Kultusministerkonferenz, Bundesministerium für Bildung und Forschung (2015).

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2016c) und (2020d); nähere Informationen zu den Projekten auch in der Sonderausgabe des Fachmagazins Synergie der Universität Hamburg: Synergie Universität Hamburg (2018).

OER-Camp (2020).

OER Content Buffet (2020).

OERinfo (2020).

Wikimedia Deutschland (2015).

Wikimedia Deutschland (2016).

Orr, D., Neumann, J.; Muuss-Merholz, J.; UNESCO (2017).

Ebd., S. 9 ff.

UNESCO (2019c).

Deutscher Bundestag (2020).

DigitalPakt Schule (2019).

Die Bundesregierung (2019b), S. 13.

Ebd., S. 18.

Ebd., S. 13 f.

Ebd., S. 14.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2019).

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesamt für Justiz (1965).

Herbold, A. (23.09.2019).

OERinfo (2020a).

OERinfo (2020).

Gesis (2020).

Hbz (2020).

Deutsche UNESCO-Kommission e.V.; Kreutzer, T.; Wikimedia Deutschland (2016).

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2019).

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesamt für Justiz (1965).

[1] § 38 Abs. 4 UrhG: „(4) Der Urheber eines wissenschaftlichen Beitrags, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, hat auch dann, wenn er dem Verleger oder Herausgeber ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, das Recht, den Beitrag nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient. Die Quelle der Erstveröffentlichung ist anzugeben. Eine zum Nachteil des Urhebers abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“

Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG (2020).

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2016b).

Freie Universität Berlin (2020b).

JSTOR (2020).



D.5

Verlangt die Regierung von Internetdienstanbietern, den Netzverkehr transparent, unparteiisch und neutral zu verwalten, ohne bestimmte Arten von Inhalten oder Inhalte aus bestimmten Quellen zu diskriminieren?

Indikator 56: Regulierungsvereinbarungen und -praxis bezüglich Netzneutralität und Wettbewerb für Online- und Netzdienste

Netzneutralität meint „Gleichbehandlung jeglicher Datenpakete während ihrer Übertragung im Internet”.1 Das bedeutet konkret: Die Internetdienstanbieter nehmen keine vorgeschaltete Bewertung vor, um die Datenübertragung zu beeinflussen.2 Sie gilt auch als fundamentales Prinzip des Internets. Das Thema wird in Deutschland aktuell im Kontext des 5G-Ausbaus kontrovers diskutiert.3 Mit der Aktualisierung der Body of European Regulators for Electronic Communication (BEREC) Guidelines on the Implementation of the Open Internet Regulation soll sichergestellt werden, dass auch durch einen 5G-Ausbau die Netzneutralität gewahrt wird.4

Die Bundesnetzagentur veröffentlicht jährlich einen Bericht zur Durchsetzung der Vorschriften über die Netzneutralität in Deutschland.5 Dabei werden überprüft: die Geschäftsmodelle und -praktiken der Unternehmen, insb. Zero-Rating-Angebote und Mobilfunk-Flatratetarife; das Verkehrsmanagement der Unternehmen, insb. Sicherheits- und Jugendschutzfilter, Anordnung einer DNS-Sperre aufgrund von Urheberrechtsverletzungen durch Dritte; Transparenzmaßnahmen, Datenübertragungsraten und Konsumierendenbeschwerden und die Effizienz eines Qualitätsüberwachungsmechanismus.6

Zudem informiert der Bericht über die Möglichkeit von Sanktionen.7 Formelle Entscheidungen zur Durchsetzung mussten von der Bundesnetzagentur im Berichtszeitraum nicht getroffen werden, da die Unternehmen die Verstöße gegen Netzneutralitätsgrundsätze freiwillig beendeten.8

Positiv hervorzuheben ist, dass es in Deutschland trotz stärkerer Nutzung von Telefon, Videokonferenzen und Streaming zu keiner Zeit zu einer Netzüberlastung gekommen ist.9

Die Vorschriften über die Netzneutralität sind in der Verordnung (EU) 2015/2120 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet10 niedergelegt. Ziel der Verordnung ist es: „gemeinsame Regeln zur Wahrung der gleichberechtigten und nichtdiskriminierenden Behandlung des Datenverkehrs bei der Bereitstellung von Internetzugangsdiensten und damit verbundener Rechte der Endnutzer zu schaffen.“11 So sollen zum einen Nutzende geschützt werden aber auch die Infrastruktur des Internets als solche. Die Bundesnetzagentur ist für die Durchsetzung der Verordnung (EU) 2015/2120 über den Zugang zum offenen Internet zuständig. Die Jahresberichte konzentrieren sich auf die folgenden Themen: Gewährleistung des Zugangs zum offenen Internet, Transparenzmaßnahmen, Aufsicht und Durchsetzung sowie Sanktionen.12

Wettbewerb: In Deutschland besteht Wettbewerb zwischen mehreren Unternehmen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) will einen neuen Ordnungsrahmen für digitale Ökonomie schaffen.13 Dazu wurde ein Entwurf des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorgelegt,14 um die Missbrauchsaufsicht über die marktmächtigen Digitalunternehmen zu stärken und die Regulierung für marktbeherrschende Unternehmen zu verschärfen. Gleichzeitig soll Innovation durch Chancengleichheit (Markt- und Datenzugang) gefördert werden. Das Bundeskartellamt wird mit Befugnissen ausgestattet, die es ermöglichen, unter geringeren Voraussetzungen einstweilige Maßnahmen zu ergreifen, um den Wettbewerb effektiv zu schützen. Fusionskontrolle soll erleichtert werden, wobei mittelständische Unternehmen entlastet werden sollen.15



Europäisches Parlament (2015).

Bundesnetzagentur (2018).

Rudl, T. (23.06.2020).

Body of European Regulators for Electronic Communication BEREC (2020).

Bundesnetzagentur (2020a).

Ebd., S. 6.

Ebd., S. 23 f.

Ebd., S. 23.

Ebd.

Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union, ABl. 2015, L 310/1. Alle Artikel ohne Bezugnahme auf ein Gesetz oder eine Verordnung sind solche der Verordnung (EU) 2015/2120.

Bundesnetzagentur (2020c).

Ebd.

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020d).

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020b).

Ebd.